Entwicklung einer „Best Practise Guidance“ für die Entgegennahme von Schiffsabwasser in Hafenauffanganlagen im Abwassersondergebiet Ostsee

Die Ostsee, das größte Brackwassermeer der Welt, ist ein hochsensibles Meeresgebiet und zugleich mit zunehmendem Seeverkehr konfrontiert. Da die Ostsee nur über das Kattegat, eine flache Meerenge, mit dem Atlantischen Ozean verbunden ist, dauert der vollständige Wasseraustausch in der Ostsee etwa 30 Jahre. Dies hat zur Folge, dass der ständige Eintrag von Schad- und Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor im Laufe der Zeit zu einer Anreicherung führt. Die durch den hohen Nährstoffeintrag verursachte Eutrophierung führt zu übermäßigem Algenwachstum und Sauerstoffmangel. Obwohl der Gesamtnährstoffeintrag rückläufig ist, sind die Werte immer noch zu hoch, um die Eutrophierung wirksam zu bekämpfen.

Der HELCOM-Aktionsplan für die Ostsee (BSAP) ist ein ehrgeiziges Vorhaben zur Wiederherstellung des ökologischen Zustands der Meeresumwelt der Ostsee. Er umfasst Maßnahmen zur Verringerung des Nährstoffeintrags aus den unterschiedlichsten Quellen. Im Hinblick auf die maritimen Aktivitäten war der BSAP ein großer Erfolg. Im Jahr 2011 erklärte die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) die Ostsee zu einem Sondergebiet für Abwassereinleitungen von Fahrgastschiffen gemäß Anhang IV des MARPOL-Übereinkommens. Der Vorschlag wurde der IMO von den Ostseeanrainerstaaten unterbreitet und von der HELCOM Maritime Working Group als Ergebnis eines langen Verhandlungsprozesses und einer gemeinsamen Anstrengung aller Vertragsparteien des Helsinki-Übereinkommens vorbereitet und unterstützt. Die neuen Vorschriften traten für alle Fahrgastschiffe im Jahr 2021 in Kraft.

Passagierschiffe, die mehr als 12 Passagiere befördern, dürfen ihre Abwässer entweder in Hafenauffangeinrichtungen (Port Reception Facilities, PRF) oder alternativ auf See einleiten, allerdings erst nach einer Behandlung mit Bordkläranlagen, die den Nährstoffeintrag ins Meer gemäß der Entschließung MEPC.227(64) reduzieren können, die eine Reduzierung des Stickstoff- und Phosphorgehalts um 70 % bzw. 80 % vorschreibt. Fahrgastschiffe, die nicht über eine den Anforderungen entsprechende Bordkläranlage verfügen, müssen das Abwasser (Schwarzwasser) in eine PRF abgeben.

Der Mangel an Erfahrung mit dem Umgang von Schiffsabwässern in Häfen erforderte die Entwicklung neuer und innovativer Ansätze zur Bewältigung dieser neuen Herausforderungen. Um diesen Prozess zu unterstützen, wurde im Rahmen dieses Projektes ein „Technischer Leitfaden“ für den Umgang mit Abwasser in Häfen entwickelt. Es wurden Daten von Ostseehäfen und Reedereien über die Zusammensetzung und den Umgang mit Abwässern von Fahrgastschiffen gesammelt und ausgewertet. Auf der Grundlage dieser Daten und der Ergebnisse eigener Untersuchungen bietet der Leitfaden Empfehlungen für Hafenbetreiber und Reedereien, einschließlich Informationen darüber, wie mögliche Probleme bei der Annahme des Abwassers vermieden werden können, sowie Optionen für die Vorbehandlung in Häfen und mobile Lösungen.

Der „Technische Leitfaden“ wurde auf der Grundlage der Informationen aus Erhebungen und zusätzlicher Literaturrecherche erarbeitet. PIA entwickelte einen Fragebogen für Hafenbehörden und kommunale Kläranlagen, um den aktuellen Stand der PRFs zu ermitteln und Probleme im Zusammenhang mit der Aufnahme von Abwässern von Passagierschiffen zu identifizieren. Der Fragebogen diente als Grundlage für eine Zusammenfassung der Probleme, die bei der Behandlung von Abwässern von Kreuzfahrtschiffen auftreten.

Außerdem lieferte er Informationen über die derzeit verfügbare und geplante PRF-Infrastruktur. Zusätzlich zum Fragebogen wurde eine Literaturrecherche durchgeführt, um die Ergebnisse auszuwerten und mögliche Lösungen für die festgestellten Probleme zu ermitteln. Ebenfalls enthalten sind Daten aus dem HELCOM-„Overview“ 2014 und 2018, der „Cruise Baltic“ und der „CLIA-Exercise“ 2016. Eine Untersuchung der Cruise Lines International Association (CLIA) aus dem Jahr 2016 ergab, dass von den 30 Häfen, die von 29 Kreuzfahrtschiffen angelaufen wurden, 46 % aus verschiedenen Gründen mit PRF-bezogenen Problemen konfrontiert waren. Die Probleme wurden zusammen mit den im Fragebogen genannten Problemen betrachtet, um einen umfassenden Überblick zu erhalten, der auch die Perspektive der Schifffahrtsbranche einschließt. Es wurde versucht, zwischen Problemen im und für den Hafen und Problemen für das Schiff zu unterscheiden. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse der Umfrage mit denen anderer Studien über die Einleitung und den Umgang mit Abwässern in Häfen verglichen, z. B. N. Butt 20071 und M. Wilewska-Bien et al., 20182, um nur einige zu nennen.

Die Qualität und Menge des Abwassers von Kreuzfahrtschiffen wurde untersucht, um zwischen Schwarz- und Grauwasser zu unterscheiden. Die Daten stammen hauptsächlich aus Studien der US Environmental Protection Agency (EPA) und der Alaska Cruise Ship Initiative (ASCI). Weitere Quellen sind Forschungsberichte der Technischen Universität Hamburg (TUHH), der Betreiber von Kreuzfahrtschiffen (z.B. Umweltbericht) und der Hersteller von Schiffskläranlagen. Alle Informationen und Daten wurden zusammengefasst und als Grundlage für die Berechnung des angemessenen Umfangs und der Größe von PRFs verwendet. Darüber hinaus wurden die zusammengefassten Daten verwendet, um Empfehlungen zur Verbesserung der Behandlungs- und Lagermöglichkeiten auf See und zur Verringerung der Probleme in den Häfen zu geben.

Um das Abwasseraufkommen abschätzen zu können, wurden Informationen über die in der Ostsee verkehrenden Kreuzfahrtschiffe gesammelt und das Profil eines „Durchschnittsschiffs“ aus den in der Ostsee verkehrenden Kreuzfahrtschiffen ermittelt. Dieser Durchschnitt wurde dann als Grundlage für Berechnungen verwendet, um die voraussichtliche Kapazität zu ermitteln, die für PRFs benötigt wird, um die festgelegten Anforderungen zu erfüllen.
 
Die Technical Guidance ist auf helcom.fi unter folgendem Link verfügbar.

1 Butt, N. (2007). The impact of cruise ship generated waste on home ports and ports of call: A study of Southampton. Marine Policy, 31(5), 591–598.
2 Wilewska-Bien, M., & Anderberg, S. (2018). Reception of sewage in the Baltic Sea – The port’s role in the sustainable management of ship wastes. Marine Policy, 93, 207–213.

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Ansprechpartner

Dipl.-Ing. Markus Joswig
Geschäftsführer

m.joswig@pia-gmbh.com

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